Nordhessische … Fluggastrechte: Hartnäckigkeit zahlt sich aus

Abstract

Wenn innerhalb der EU ein Flug verspätet stattfindet oder ausfällt, kann der Fluggast bestimmte Rechte geltend machen. Neben einem Ersatzflug und ggf. Unterbringung mit Verpflegung kann dies auch eine Entschädigung sein. Um letztere zu erhalten empfiehlt sich ins Schlichtungsverfahren zu gehen – und etwas Geduld mitzubringen.

Wenn einer eine Reise tut …

… dann kann er 'was erleben, so der Volksmund. Im vorliegenden Fall war ein innereuropäischer Flug angedacht. Aus Kostengründen wurde die Verbindung nicht bei einem „Billigflieger“ gebucht, sondern in der Tagesrandlage bei der Lufthansa (sic!).

Bis zum Einchecken und der Gepäckaufgabe sah noch alles gut aus, lediglich etwas Verspätung, aus der während eines sündhaft teuren Flughafen-Espressos eine Annullierung wurde. Das Personal der Lufthansa ging mit diesem Umstand vorbildlich und professionell um: Es wurde veranlasst, dass das Gepäck zurückgeholt wird, ein Hotel mit Abendessen und Frühstück zur Verfügung steht und auf einen Ersatzflug umgebucht werden konnte. Diese Leistungen – Hotel, Verpflegung und Ersatzflug – sind das Mindeste an Ersatzleistungen, die sich aus den in der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ergeben. Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V. (söp) hat diese Verordnung kurz zusammengefasst.

Dort findet sich auch der Hinweis auf Artikel 7 der EU-Verordnung u. a.:

Ausgleichsanspruch

  1. Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
    1. 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
    2. 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
    3. 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

    Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.

  2. Wird Fluggästen gemäß Artikel 8 eine anderweitige Beförderung zu ihrem Endziel mit einem Alternativflug angeboten, dessen Ankunftszeit
    1. bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger nicht später als zwei Stunden oder
    2. bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 und 3500 km nicht später als drei Stunden oder
    3. bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen nicht später als vier Stunden
    nach der planmäßigen Ankunftszeit des ursprünglich gebuchten Fluges liegt, so kann das ausführende Luftfahrtunternehmen die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 um 50 % kürzen.

Da der Ersatzflug am nächsten Tag – d. h. mehr als zwei Stunden später – über eine Distanz bis 1500 Kilometer stattfand, ergibt sich hieraus eine Entschädigung von 250 Euro.

Lufthansa-Flugzeug am Flughafen Frankfurt am Main (FRA)
Das Lufthansa-Flugzeug, mit dem der Ersatzflug nach Frankfurt am Main (FRA) stattgefunden hat.

Vom Ausgleichsanspruch zur Auszahlung

Der so genannte Ausgleichsanspruch wurde drei Tage später bei der Lufthansa geltend gemacht und acht Wochen später zurückgewiesen:

Ein Anspruch auf Schadensersatz an Lufthansa ergibt sich nach unserer Bewertung aus einer solchen Verspätung nicht.

Darauf hin wurde ein Schlichtungsverfahren bei der söp angestrengt, welches sechs Wochen später erfolgreich war:

… haben Sie sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in Berlin gewandt. Ihre Forderung aus dem Schlichtungsantrag erkennen wir an.

Warum nicht gleich so? Aber es zeigt, dass man einen langen Atem braucht um seine Rechte durchzusetzen. Im Vergleich dazu sind die Fahrgastrechte im Schienenverkehr unkomplizierter (und zügiger) wahrzunehmen. Grundsätzlich empfiehlt es sich sich mit seinen Rechten als Reisender vertraut zu machen und diese geltend zu machen – auch wenn es etwas Zeit dauert, bis man Recht bekommt.

Nachwort(e)

Trotz des Aufwandes und der nötigen Geduld bis der Anspruch auf Entschädigung bestätigt worden ist, wird der Autor dieser Zeilen auch in Zukunft je nach Verfügbarkeit mit der Lufthansa fliegen. Geschickt gebucht ist das Preis-Leistungs-Verhältnis sehr attraktiv – vor allem über die Leistung.

Und die Leute, die mit dem Auto fahren: Können die eigentlich Entschädigung für das Stehen im Stau geltend machen?

Disclaimer

Das soll keine Werbung für oder gegen die genannte Fluggesellschaft sein. Wertende Formulierung entsprechen lediglich der Meinung des Autors.