Nordhessische … Film-Rezensionen: Vom Umgang mit Wasser …

Film-Rezensionen: Vom Umgang mit Wasser …

Abstract

Am Dokfest-Samstag gab es zwei Programme, die kritisch beleuchteten, welchen Wert natürliche Ressourcen für den Mensch haben. Zusammen mit dem Verein »Viva con Agua« wurde in den Kurzfilmen des Screenings »Wasserstand« die Rolle und Bedeutung eines der wichtigsten Grundlagen für Leben thematisiert: Wasser. Einen gesunden Durst und frohes Schwimmen wünscht Robert Bienert.

So vielfältig kann die Beschäftigung mit der chemischen Verbindung sein, die nach Stand der Wissenschaft essentiell für Leben ist. Der gemeinnützige Verein »Viva con Agua« hat sich zum Ziel gemacht, möglichst vielen Menschen beim Zugang zu dieser Ressource zu helfen. Dazu gehört nicht nur der Bau von Brunnen, sondern auch die Entsorgung verschmutzten Wassers, z.B. durch Latrinen, was „die goldene Toilettenbürste“ symbolisiert. Denn die zugesetzten Schadstoffe gelangen durch den Boden ins Grundwasser und verhindern damit dessen Nutzung als Trinkwasser. Tückisch ist dabei die Zeit, die das Wasser zum Durchsickern des Bodens benötigt: die Verseuchung wird es Jahrzehnte später festgestellt.

Dieser Aspekt wurde auch in »The Sea [is still] Around Us« von Hope Tucker behandelt. Die Kleinstadt Newport in Maine ist am Lake Sebasticook gelegen. Der See ist dabei nicht nur Erholungsort für Einheimische und Touristen, sondern auch Abwasser für eine ansässige Fabrik. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Fabrik werden immer mehr giftige Abwässer in den See geleitet, der als „Klärgrube“ an Attraktivität für Menschen verliert. Im stinkenden See will niemand baden, Bootsmotoren verhängen sich in Algen, Fische sterben aus, Ferienwohnungen werden nicht mehr gebucht. Anstatt die Abwasser-Einleitung zu stoppen, gibt es Vorschläge, den See mit Trinkwasser zu verdünnen. Im Endeffekt verseuchen die giftigen Abwässer auch das Grundwasser, so dass Trinkwasser von weiter her gepumpt werden muss. Die Fabrik hingegen ist seit Jahren außer Betrieb. Und die Bewohner von Newport, Maine, werden noch Jahrzehnte mit diesem Problem leben müssen.

In die gleiche Richtung geht Isabelle Hayeurs »Castaway«, was auf Deutsch „der Schiffbrüchige“ bedeutet. Der Film zeigt einen gigantischen Schiffsschrottplatz – oder besser Schiffsfriedhof. Während sich über der Wasseroberfläche die Wracks rostend türmen, ist es unter Wasser sehr trüb, die Färbung lässt auf Rückstände der Schiffe schließen. Sowohl auf dem Wasser als auch „sechs Fuß tief“ ist allerdings kein Leben, keine Bewegung zu registrieren, der Friedhof ist leer, das Wasser tot, wiederum als Müllkippe missbraucht.

Vermutlich soll auch »Silences« von Gérard Cairaschi auf die Empfindlichkeit hinweisen. Wir beginnen eine idyllische Flussreise, mal am Ufer, mal auf einem Boot und lassen uns entlang scheinbar unberührter Natur treiben – eine „Kanutour“ für den Zuschauer. Mit dem Erreichen der menschenleeren und heruntergekommenen Ortschaften ändert sich allerdings der Blick auf den Fluss, der nun ebenfalls dreckig und als Abwasser missbraucht erscheint.

Die Funktionen von Wasser in der modernen Gesellschaft

Der erste Film des Programms, »Waterscope Transitions« von Carsten Aschmann, zeigt eben die „Dimension“ von Wasser. Es ist nicht nur Quelle des Lebens und Abwasser, sondern auch Transportmittel und Produktionsgut. So erfährt der Zuschauer beispielsweise, dass zur Herstellung einer Tonne Stahl rund die einhundert-fache Wassermenge nötig ist. Entlang von Bachläufen, Flüssen, Wasserstraßen, Stauseen, Bädern und sogar den Wasserspielen im Kasseler Bergpark sowie Kaskade-Kino werden die einzelnen Funktionen aufgezeigt, belegt mit Filmzitaten. In den Zwischenszenen kann die Ästhetik fließenden Wassers als Inspirationsquelle erfahren werden, wenn Wellen an der Küste anbranden, ein Boot durchs Wasser pflügt oder selbst am Auslass eines Staudamms. Dieser Film macht Durst zum wiederholten Anschauen!

Der Spiritualität von Wasser ist auch Rebecca Marshall mit ihrer Dokumentation »Glitter and Storm« auf den Grund gegangen. Die leidenschaftliche Schwimmerin, „the sea gave me everything I need“, begleitet mit der Kamera Strandgäste in Hastings, East Sussex ins Wasser und lässt diese über deren Bezug zum Meer erzählen. Damit wird das Meer zum Hauptdarsteller, der sich als stürmische Welle immer wieder überraschend in den Vordergrund drängt. Die Rauheit der für Juni recht kalten See kann nachgefühlt werden, auch wenn der Zuschauer im warmen Kinosaal sitzt, statt in Badehose durch die Wellen zu tauchen. Für Marshall hingegen bedeutete dies, mit der Kamera baden zu gehen, während das Mikrofon möglichst dicht am Wasser, aber doch trocken aufgebaut werden musste. Um das „Element“ Wasser so wie ihre Interviewpartner zu erfahren, verzichtete sie trotz der Temperatur auf einen Neopren-Anzug. Die Beschreibung des Sets lässt keinen Zweifel daran, dass das Baden im Meer Spiritualität und Spaß bedeutet – und dass sie mit diesem Film definitiv „nicht baden gehen wird.“