Nordhessische … Leitartikel Hessen für freie Bildung

Hessen hat prachtvolles vollbracht: Bis zum Stichtag der Abgabe der Unterstützungsunterschriften gegen das Hessische Studienbeitragsgesetz (HStuBeiG) am 31. Mai 2007 sind schon 62.500 Formulare abgegeben worden – nötig sind lediglich 43.308. Gerade in den letzten Wochen schienen Nachfrage und Rücklauf der Formulare keine Grenzen zu kennen. Damit haben die Bürger Hessens ihre klare und grundsätzliche Ablehnung von Studiengebühren eindrucksvoll bekräftigt und zum ersten Mal in der Geschichte eine Verfassungsklage vom Volk auf den Weg gebracht. Die Studenten setzen nun darauf, dass sich dieser Erfolg motivierend auf den geplanten Boykott der Gebühren auswirkt.

Quorum bereits übererfüllt

Während die hessischen Studenten noch bis Anfang Oktober 2007 die nötigen Unterschriften zur Unterstützung der Normenkontrollklage gegen das HStuBeiG hätten sammeln können, hatten sie bereits frühzeitig Ende Mai als Stichtag anvisiert, um die Klage im Juni einzureichen. Nachdem die Klage im Dezember nur schleppend anlief, zeichnete sich in der vorlesungsfreien Zeit ab Februar eine stärkere Beteiligung ab und Anfang des Sommersemesters 2007 war der Erfolg der Sammelaktion bereits abzusehen. Aber dass die nötige Zahl von Unterstützern so eindrucksvoll übertroffen worden ist, kommt überraschend. Da allerdings davon auszugehen ist, dass noch viele unterschriebene Formulare unterwegs sind, können diese noch weiterhin (bis zum Einreichen der Klage vor dem Staatsgerichtshof am 22. Juni 2007) zurückgegeben werden, d.h. es werden bis dahin 65.000 oder 70.000 Hessen zum Ausdruck gebracht haben, dass sie keine Studiengebühren wollen und eine Landesregierung ablehnen, die sich nicht um die Verfassung schert. Dazu Hessens DGB-Chef Stefan Körzell:

Die hohe Hürde überwunden zu haben, ist ein Sieg der Demokratie und eine politische Niederlage der Landesregierung.

Landesregierung stur und ignorant

Eben diese CDU-Landesregierung zeigt sich allerdings momentan noch nicht kooperativ, sondern stur und ignorant: Anstatt die Erhebung der Gebühren bis zur höchstrichterlichen Entscheidung auszusetzen, sollen alle hessischen Studenten bereits im Winter mindestens 500€ Studiengebühren zahlen. Der hessische DGB sowie die Asten fordern vehement das Aussetzen und die Studenten haben bereits beschlossen, ihr Geschick selbst in die Hand zu nehmen: An allen hessischen Hochschulen – in Gießen fiel die Entscheidung erst gestern – werden die Gebühren boykottiert. Und so eindrucksvoll, wie das „Quorum für die Klage“ übertroffen worden ist, soll auch der Boykott unterstützt werden, wie die Studenten hoffen. Dabei können sie sich vereinzelt sogar der Unterstützung ihrer Hochschule sicher sein: Der Senat der FH Frankfurt hat Ende Mai beschlossen, dass kein boykottierender Student exmatrikuliert werde, solange nachweisbar sei, dass er das Geld auf das Treuhandkonto überwiesen habe.

Ein Dank an die Unterstützer der Klage

Ich möchte mich an dieser Stelle stellvertretend für die Studenten in Hessen bei allen, die die Klage mit ihrer Unterschrift und dem Gang zum Einwohnermeldeamt oder anderweitig unterstützt haben, bedanken. Von dieser breiten Unterstützung geht ein eindeutiges Signal für faire Bildungsbedingungen und -chancen aus, zumal es sich auch um ein politisches Signal handelt, schließlich hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch keine Volksklage in diesem Sinne gegeben. Dankeschön Hessen!