Abstract
In einer Diskussion im sozialen Netzwerk, das sich früher einmal „Twitter“ nannte, ging es um die Anzahl verfassungswidriger und nichtiger Gesetze und deren Anzahl für die jeweiligen Regierungsparteien. Basierend auf einer Liste des Bundestages lässt sich dies aufschlüsseln.
Regierungszeiten
Da die Liste der Für nichtig oder verfassungswidrig erklärte[n] Bundesgesetze nur den Zeitraum 1990 bis 2022 abdeckt, wird auch nur dieser hier betrachtet. Dazu stellen wir zuerst die jeweiligen Bundesregierungen mit ihren Koalitionsparteien auf:
Die aufsummierten Regierungszeiten pro Partei seit dem 1.1.1990 verteilen sich demnach wie folgt:
Deutlich zu erkennen sind die drei so genannten großen Koalitionen aus CDU und SPD unter Angela Merkel: Mindestens eine dieser beiden Parteien war bislang an jeder Bundesregierung beteiligt, aber das Zusammenregieren ergibt die langen aufsummierten Regierungszeiten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens eine dieser beiden Parteien daher Gesetze initiiert oder mitgetragen hat, die später vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig oder nicht erklärt worden ist, ist damit höher als in Relation zu den anderen teilweisen Regierungsparteien FDP und Grüne.
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
In der genannten Liste der verfassungswidrigen und nichtigen Gesetze sind jeweils die Entscheidung des Gerichts sowie das betroffene Gesetz genannt. Damit lassen sich die Gesetze den Bundesregierungen zuordnen. Das Aufsummieren und Zuordnen ergibt dabei erst einmal folgendes einfaches Bild, in dem die Anzahl der „gekippten Gesetze“ und die jeweilige Bundesregierung aufgetragen sind, sowie die Anzahl dieser Gesetze in Relation zur Regierungsdauer:
Der mit der Zeit abfallende Verlauf dürfte auch daran liegen, dass viele Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts erst mit Verzögerung oder nach längerer Verfahrensdauer gefällt werden, so dass die Zahlen der späteren Regierungen noch ansteigen können.
Bereiche der Gesetze
Auch sagt die Anzahl der „einkassierten“ Gesetze nichts über die Gesetze an sich aus; eine Regierung, die viele Gesetze erlässt, erhöht damit auch die Wahrscheinlichkeit von Klagen dagegen. Und die Bereiche, die die Gesetze abdecken, haben unterschiedliche gesellschaftliche Bedeutung.
So finden sich unter den 93 verfassungswidrigen und nichtigen Gesetze aus den späten Regierungen unter Helmut Kohl etliche zu Aspekten der Deutschen Einheit oder Steuergesetzen. In den Entscheidungen zu den beiden Regierungen unter Gerhard Schröder geht es mehrfach um Gesetze rund um die so genannte Agenda 2010.
Allerdings: Bürgerrechte
Eine Auffälligkeit gibt es allerdings in Bezug auf Bürgerrechte, „Antiterror-Gesetze“ und Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten: Verfassungswidrige Gesetze wie zur Luftsicherheit, Überwachung von Kommunikation, Tätigkeiten und Spielräume von BKA, Zoll und Geheimdiensten, sind sämtlich während so genannter großer Koalitionen aus CDU und SPD entstanden und beschlossen worden. Ein solcher „Track Record“ an verfassungswidrigen Gesetzen ist demokratisch und gesellschaftlich gesehen schon „bemerkenswert“.