Nordhessische … 30 Stunden Deutschland erstklassig

Abstract

Für 3000 bahn.bonus-Punkte kann man einen ganzen Tag erstklassig Bahn fahren. Da die Fahrkarte bis 10 Uhr des Folgetags gilt, sind dies effektiv 34 Stunden. Nordhessische.de hat diesen Railtrip gemacht und viel gesehen – u. a. drei DB Lounges, 14 Bundesländer und die vier größten Städte Deutschlands.

Der Weg ist das Ziel

34 bzw. 30 Stunden unterwegs, mit tendenziell wenig Schlaf und vielen Eindrücken, da ist die Vorbereitung für diesen „Railtrip“ das A und O. Neben einer passenden Route und geschicktem Start- (Abfahrt eines Fernzugs kurz nach Mitternacht am Samstag) sowie Endpunkt (Ankunft eines Fernzugs kurz vor 10 Uhr am Sonntag Morgen), ist das Handgepäck mit entscheidend, was man aus dem Tag holen kann. Daher gehören eine Kamera, gute Musik für lange Strecken sowie vielleicht ein Smartphone zum Twittern zur Ausstattung. Auf Grund der Verpflegung in den DB Lounges halten sich die Kosten im Rahmen.

Diese Reise führte von Samstag 1:00 ab Heidelberg über Hamburg, Berlin, München und Köln durch alle Bundesländer bis auf Bremen und Saarland und endete Sonntag Morgen gegen 5:20, wobei es sogar möglich gewesen wäre, mit einer weiteren Strecke erst um 9:30 in Mannheim zu sein und so die 34 Stunden voll auszuschöpfen.

Pünktlicher Start

Mit Beginn der Fahrkarte um Mitternacht fährt eine S-Bahn nach Heidelberg (Baden-Württemberg), dem eigentlich Startpunkt der Reise. Die Recherche hat ergeben, dass dort um 1:00 Uhr ein IC durch die hessische und niedersächsische Nacht fährt, so dass in der Hamburger DB Lounge gefrühstückt werden kann. Die Wartezeit bis zur Abfahrt des IC wäre gerne mit einem Getränk im Metropolis überbrückt worden, was allerdings bereits geschlossen hatte. Also ging es mit der Kamera über den Bahnhof.

Der Heidelberger Hauptbahnhof bei Nacht, der graue Beton vom Licht in bunte Farben getaucht.

Die Fahrt von Heidelberg nach Hamburg zum Frühstück fand mit einem „Nacht-IC“ statt, also mit einem ganz normalen InterCity, der etwas gemütlicher durch die Nacht fährt, so dass man beispielsweise zur Frühschicht um 6 Uhr in Hannover ist und nicht „mitten in der Nacht“. Um diese Fahrzeit von 5 Stunden zwischen Heidelberg und Hannover zu erreichen, fährt dieser Zug zwischen Fulda und Hannover auf der „alten“ Nord-Süd-Strecke – witziger Weise ohne Halt in Kassel, dafür aber um 5 Uhr in Göttingen.

Unbequemer Start

Trotz des 1.-Klasse-Abteils sind diese „Nacht-IC“ nicht sehr bequem zum Reisen. Die Liegeposition über drei Sitze hinweg ist suboptimal. Im Großraumwagen der 2. Klasse brannte sogar die ganze Nacht durch das Licht und man kann in den Sitzen nicht richtig liegen. Das nächste Mal lohnt sich daher ein Blick auf einen richtigen Nachtzug.

Frühstück in Hamburg

Der Nacht-IC erreicht pünktlich Hamburg Hauptbahnhof um kurz vor 8 Uhr. Bis zur Weiterfahrt der nächsten Etappe sind das gute eineinhalb Stunden zum Frühstücken und ein wenig von der Innenstadt sehen.

Das Frühstück in der DB Lounge ist sehr gut, es gibt Croissant, Fruchtquark und Sandwich, dazu hervorragenden Kaffee und Orangensaft. In einem mittelklassigen Hotel würde einem dafür vermutlich 12 € abgeknöpft werden. Mit einer Fahrkarte 1. Klasse spendiert das die DB. Und wenn man an einem Samstag einfach früh genug da ist, ist es sogar recht ruhig und entspannt dabei.

An der Kleinen Alster in Hamburg findet sich u. a. dieses mutmaßliche Café direkt am Wasser.

Ebenso ruhig und entspannt zeigt sich samstags morgens um 8 Uhr die Hamburger Innenstadt rund um die Mönckebergstraße, Binnenalster und Jungfernstieg. Mehr Fotos davon sind ab morgen in einer zugehörigen Bildergalerie Deutschlandreise zu finden.

Für die Currywurst nach Berlin

Nach Durchfahren vom südlichen Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg erreicht der ICE pünktlich Berlin-Spandau. Dort wechselt der erstklassige Fahrgast in den typischen Berliner Nahverkehr zum Bahnhof Zoo. Ziel ist eine legendäre Curry 36 ohne Darm, aber mit Pommes zum Mittagessen. Dieser Abstecher kostet allerdings Zeit, so dass es von dieser Etappe keine Fotos gibt. Immerhin hat die Zeit dann noch am Berliner Hauptbahnhof für einen Espresso und ein Stück Kuchen in der DB Lounge gereicht.

Neu nach München

Ein Ziel dieser Reise war es auch Deutschland neu kennen zu lernen. Deshalb ging es mit dem ICE durch Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen durch den Frankenwald nach Bayern. Die 1. Klasse ist auf dieser Fahrt gut gefüllt, während DJ Maxim in einem alten Set der ehemaligen Radiosendung FRK Supaloud auf den Ohren klingt: one million miles away from home, one million miles away from love, … Das letzte Stück des Sets trifft allerdings nicht zu: Einzeller – Schwarzfahrer.

Als gegen 13 Uhr die Sonne endlich für ein paar Stunden herauskommt, fliegt während des Mittagsschlafs das platte Land bis kurz vor Leipzig vorbei. Deutlich interessanter und definitiv eine Reise wert ist hingegen die Landschaft zwischen Erfurt und Nürnberg. Auch die Städte Coburg und Bamberg möchten noch einmal besucht werden.

Die DB Lounge in München ist auch wieder entspannt am Abend, allerdings muss man sich die Leberkässemmel draußen kaufen. Und anstatt einem Hellen gibt es leckeres Weißbier.

Planänderung

Entgegen der ursprünglichen Planung, die 34 Stunden möglichst voll auszunutzen und von München nach Münster zu fahren um nach 1:45 Stunden nächtlichem Aufenthalt (von 4:15 bis 6:00) nach Hause zu fahren, wurde die Route eingekürzt. Das heißt eine Stunde früher als geplant in München los (wieder keine Fotos) bis nach Köln und dann durchs Rheintal zurück. Ironischer Weise führt dieser Reiseplan zweimal in einer Nacht über Mannheim und Frankfurt am Main – zwei Deja-vus. Jetzt fängt der fehlende Schlaf der ersten Nachtfahrt an Tribut zu zollen, wogegen auch vier Kaffees und zwei Club Mate irgendwann machtlos sind.

Mer lasse de Dom in Kölle

Mit dem ICE geht es gemächlich nach Stuttgart, wo die S21-Baustellen bei Nacht beeindruckend aussehen. Die Fahrt über die Schwäbische Alb ist im Dunkeln unspektalär, daher beschallt Ulli Brenner mit einer 90er Jahre hr Clubnight die Ohren, während draußen Schietwetter zu sein scheint. Von Stuttgart an kommt man dem Ziel Köln schneller näher, mit kurzem Umstieg in Mannheim und dann ab durch den Westerwald nach Nordrhein-Westfalen.

Der Kölner Dom, fotografiert durch das Dach des Hauptbahnhofs.

Übermüdet und auf Grund der Dunkelheit verschwimmt das Raum-Zeit-Gefühl und so verwundert es erst, wie viel noch am Kölner Hauptbahnhof los ist – bis die Zeit 23 Uhr ins Bewusstsein rückt. Die dortige DB Lounge hat schon geschlossen, deshalb mussten die Snacks in der Bahnhofsgastronomie organisiert werden. Der Rundgang mit der Kamera fand nur auf dem Bahnhofsgelände statt, da die Atmosphäre darum nicht zur Kreativität eingeladen hat.

Am Rhein entlang

Nachdem sich die Rheinstrecke bereits bei Tag als eine der schönsten Bahnstrecken Deutschlands bewährt hat, stand die Frage im Raum, wie es eigentlich in der Nacht dort aussieht, die ganzen kleinen Orte am Fluss, die historischen Altstädte, … bequem aus dem Fenster des 1.-Klasse-Abteils beobachtet mit Musik von frei² auf den Ohren.

Eine langgezogene Rheinkurve zwischen Koblenz und Bingen, die der IC zügig durchfährt.

Die Antwort auf diese Frage lautet: beeindruckend. Während es zwischen Mitternacht und 1:00 bis Bonn noch recht unspektalär aussieht, ist der rheinland-pfälzische Abschnitt zwischen Koblenz und Mainz mit einer der schönsten. Gerade die vielen Kurven werden in der Nacht quasi „durchflogen“, während die Lichter der Uferpromenade oder der Bahnsteige unterwegs vorbei ziehen. Hätte es um kurz nach eins übrigens noch einen Zug entlang der Mosel in Richtung Saar gegeben, hätte vielleicht das Saarland auch noch besucht werden können. Und eigentlich müsste man diese Nachtfahrt von vorne aus einmal Filmen um ein schönes Video für ein Techno-House-Set zu erhalten.

Mit einem Umweg über Frankfurt am Main (Deja-vu!) ging es zurück an den Rhein bis nach Mannheim (Deja-vu!) und dann bis nach Karlsruhe, wo nach 45 Minuten Umsteigezeit die letzte Etappe mit der S-Bahn angetreten werden konnte – wiederum pünktlich. Die Wartezeit ließ sich mit Musik und einem Blick in den nächtlich halbdunklen Zoo überbrücken. Für den Sonnenaufgang über dem Kraichgau war es allerdings noch zu früh am Sonntag Morgen.

Des Nachts spiegeln sich Lichter des Karlsruher Zoos auf der Wasseroberfläche des Teichs.