Abstract
Nach einer einjährigen Pause hat der Jetzkultur e. V. wieder eine B-Seite in Mannheim veranstaltet. Das Konzept aus einer Ausstellung, audio-visuellen Performances sowie Workshops existiert weiterhin, wenngleich die Ausstellung dieses Jahr deutlich kleiner ausgefallen ist und der Trend zu weniger Hardware auf der Bühne geht. Ein bilderlastiger Bericht.
zeitraumexit
Hauptveranstaltungsort der 2019er B-Seite war das zeitraumexit im Mannheimer Stadtteil Jungbusch. In der dortigen „Kantine“ war die mit vier Exponanten dieses Mal sehr überschaubare Ausstellung untergebracht.
Ebenso baute dort jeweils abends die Künstlerin Kalma ihre Technik auf, um die gegenüber liegende Fassade der Kaufmannmühle in eine große Projektionsfläche zu verwandeln. Diese visuelle Performance namens Projection mapping beinhaltete u. a. die Elemente der Fassade, was zu sehr schönen Bildern führte. Die Projektion spielte dabei mit der Beleuchtung im Hof des zeitraumexits zusammen – es lohnt sich immer, zu einer B-Seite eine Kamera mitzunehmen.
Und manchmal sind es nur die „kleinen Details am Rande“, die zu einem Foto inspirieren (oder zu einer Geschichte am Rand wie die Dokfest-Blogs). Da fällt dann auch ein passender Blick auf die Dekoration in der zum zeitraumexit gehörenden Kaprow-Bar auf.
Audio-Visuelle Performances
Die AV-Performances fanden im Kubus des zeitraumexits statt, der über die nötige Größe und Ausstattung (u. a. das vollständige Abdunkeln für die Projektion) dafür verfügt. An beiden Tagen, an denen die Performances besucht worden sind, bestand die verwendete Hardware hauptsächlich aus Computern und Effekt-Boards für die Sound-Erzeugung. 2017 war noch mehr „Spielzeug“ aufgebaut und genutzt worden.
Donnerstag
Die beiden Performances an diesem Tag waren dennoch nicht weniger experimentell: Intergalactic Gas Distribution verwendete Satelliten-Bilder der ESA, die zusammen mit ihrer sphärischen Musik eine Reise durch das Weltall beschreiben. Und die Künstler von AV.Stream 100-2 sampleten ihre Visuals ständig untereinander um daraus ihr Werk zu kreieren; realisiert wird dies mit einer speziellen Software, die diese Form des Teilens und Samplens von jedem der beteiligten VJs ermöglicht.
Neue Kunst durch Sampling
Die Performance AV.Stream 100-2 kann dabei durchaus im aktuellen Kontext der EU-Urheberrechtsreform (#CopyrightDirective) gesehen werden. Obwohl alle drei VJs mit dem Visual eines VJs begannen, hat jeder daraus etwas Neues entwickelt und immer wieder mit den Visuals der anderen VJs geremixt um wiederum etwas Neues zu erschaffen. In der obigen Abbildung sind drei unterschiedliche Bilder zu sehen, die trotzdem aufeinander aufbauen und voneinander abhängen. Sampling und Remix sind neben Kreativität Grundpfeiler von Kunst und jeder, der sein Fundament darauf aufbaut, wird Künstler – unabhängig einer kommerziellen Verwertungslogik.
Samstag
Das zweite B-Seite-Wochenende und damit auch der Abschluss des Festivals kam Bass-betonter und zuweilen „brachialer“ daher: Territoires war über weite Strecken ein „klassisches“ AV-Set, wie es in der Art zum Teil in Clubs oder in der Dokfest Lounge 2015 zu sehen war. Musikalisch bewegt es sich zwischen Electro, Techno und Dubstep, nur, dass man im Kubus leider nicht tanzen konnte. Beeindruckend und schön war es allemal.
Die zweite Performance DETECT samplet „Elektrosmog“ aus der Umwelt und sollte laut Programmbeschreibung unhörbares hörbar machen
. Leider waren die gerade noch hörbaren hohen Frequenzen so laut, dass es sich trotz Gehörschutz nicht lange im Kubus aushalten lies. Praktischerweise erzeugt die mitgeführte Elektronik (Telefon, Kamera, …) neuen Elektrosmog für den Künstler.
Bis?
Nach einem Jahr Pause (siehe auch B-Seiten Archiv) war es schön dieses Festival dieses Jahr wieder besuchen zu können. Das ein wenig abgespeckte Programm lässt vermuten, dass die B-Seite auch in einer Art „Selbstfindungsphase“ steckt. Hoffen wir, dass wir nicht wieder zwei Jahre warten müssen und die B-Seite in Zukunft auch wieder eine größere Ausstellung bieten kann. Bis zum nächsten Mal!