Nordhessische … Wie man (k)einen Blackout verursacht

Wie man (k)einen Blackout verursacht

Abstract

Durch ein Gespräch beim Mittagessen wurde der Autor dieser Zeilen auf den 32C3-Beitrag Wie man einen Blackout verursacht von Mathias Dalheimer hingewiesen. Somit macht die kurze Beschreibung dieses Vortrags den Anfang der Serie über den 32C3. Die gute Nachricht vorweg: Das europäische Stromverbundnetz ist zwar sehr komplex, aber es ist nicht so einfach möglich, mutwillig einen Blackout herbeizuführen. Trotzdem haben manchmal auf den ersten Blick einfache Dinge große Auswirkungen.

Das europäische Stromverbundnetz

Der 32C3-Vortrag Wie man einen Blackout verursacht thematisiert Aufbau und Funktionsweise des europäischen Stromverbundnetzes mit seinen Vorteilen und Schwachstellen. Die theoretische (n-1)-Ausfallsicherheit besagt, dass bei n Netzbestandteilen immer genug Redundanz vorhanden sein soll, dass beim Ausfall von n-1 Teilen stets noch ein Teil besteht und Netzfunktion aufnehmen kann. Das heißt, dass eine Region, Stadt oder ein Stadtteil über mehrere Stromleitungen angebunden ist, so dass der Ausfall einer Leitung vom Netz kompensiert werden kann. Je nach Belastung des Netzes kann dieses Kriterium allerdings nicht mehr erfüllt sein, wie Mathias Dalheimer an Hand eines Beispiels sowie einer Simulation zeigt.

Stromausfall: Vom Emsland über ganz Europa

Als Beispiel für die Fragilität des Stromnetzes zeichnet Dalheimer einen europaweiten Stromausfall Anfang November 2006 nach. Für die Überführung eines Schiffs im Emsland wurde planmäßig eine Hochspannungsleitung abgeschaltet. In Folge dessen kam es auf Grund fehlerhafter Daten über die Auslegung der Netzgrenzen erst zu teilweisen Abschaltungen, anschließend dann zur Netztrennung, wodurch das europäische Verbundnetz in drei Teilnetze getrennt wurde. Durch die ungleiche Lastverteilung in den Teilnetzen kam es dort zu Stromausfällen und Herunterfahren von Erzeugern, um mit der Netzfrequenz das Stromnetz wieder zu stabilisieren.

Simulation ganzer Teilnetze

Im Vortrag zeigt Dalheimer weiterhin, wie man die Auswirkungen von Teilnetzabschaltungen simulieren kann. An Hand des US-amerikanischen Verbundnetzes wird untersucht, wie die Netzlast steigt, wenn eine Leitung unterbrochen wird. Bei hoher Auslastung kann es dann dazu kommen, dass auch andere Teile des Stromnetzes überlasten und im Endeffekt ganz andere Regionen abgeschaltet werden.

„Natürliche“ Frequenzschwankungen

Im Rahmen seiner Untersuchungen des Stromnetzes betreibt Mathias Dalheimer als Projekt Netzsinus europaweite Messstellen, die kontinuierlich die Netzfrequenz aufzeichnen. Damit lässt sich nicht nur erkennen, wenn Leistung zu- oder abgeschaltet wird (bzw. Ausfälle wie im November 2006 passieren), sondern es fallen auch stündliche Frequenzsprünge auf. Diese basieren auf dem europaweiten Stromhandel: Leistungskontingente werden stündlich verkauft, d. h. die Sprünge stammen vom Hoch- oder Herunterfahren von Kraftwerksleistung.

Screenshot der Webseite netzsin.us an einem Samstag gegen 13 Uhr
Screenshot der Webseite netzsin.us heute gegen 13 Uhr MESZ.

Blackout

Damit es zu großflächigen Netzausfällen kommt, muss es ein großes Missverhältnis zwischen „erzeugter“ und abgenommener Leistung im Stromnetz geben, so dass die Netzfrequenz innerhalb sehr kurzer Zeit sehr stark schwankt (großer zeitlicher Gradient). Dalheimer bringt zwei Beispiele, wann dies passieren könnte – wobei die Frequenzschwankungen während des stündlichen Stromhandels schon ein Ansatzpunkt wären:

  • durch Wegfall von Netzkapazität (z. B. wie im November 2006)
  • durch Zu- oder Abschalten von Leistung, bspw. ganzer Stadtteile durch gehackte Smartmeter

Damit könnte die „Vision“ von Blinkenlights für ganze Stadtteile doch Wirklichkeit werden – und hoffentlich nicht Schlimmeres bei einem größeren Blackout.