Kinderporno-Sperre: Demnächst mit jedem Klick halb in Haft?
Abstract
Berlin/Hannover/Kassel (rb) – Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen Gesetzesentwurf beschlossen, der das providerseitige Sperren von Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten oder Links darauf vorsieht. Die verwendete Sperrliste des BKA soll dabei geheim bleiben, gleichzeitig forderte Bundesjustizministerin Zypries, dass alle Zugriffe auf gesperrte Webseiten in Ermittlungen enden müssten. Kritiker sehen darin die „Schere im Kopf“.
In der Sitzung des Bundeskabinetts am Mittwoch wurde ein bereits vorher heftig diskutierter Gesetzesentwurf „zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ (PDF) beschlossen, der Änderungen im Telemediengesetz sowie Telekommunikationsgesetz vorsieht. Laut „Evaluierung“ greifen die Gesetztesänderungen in das in Artikel 10 des Grundgesetztes garantierte Fernmeldegeheimnis ein. Sollten die Änderungen wie bislang vorliegend beschlossen werden, sind Internetprovider zukünftig verpflichtet, mit einem „Stopp-Schild“ den Zugriff auf Webseiten „zu erschweren“, die auf einer Sperrliste des Bundeskriminalamts (BKA) aufgeführt sind. Diese Sperrliste verschickt das BKA werktäglich an die Provider, die als einzige Einsicht in die Liste beantragen können.
Nun auch vorgesehen: Datenspeicherung beim „Stopp-Schild“
Entgegen des Standes der vorherigen Diskussion sieht der Entwurf jetzt auch vor, dass Internetprovider personenbezogene Daten beim „Zugriff auf das Stopp-Schild“ speichern dürfen und auf Anfrage an Ermittlungsbehörden weiterleiten müssen. Zudem soll den Providern die Ausgestaltung der „Stopp-Seite“ vom BKA vorgeschrieben werden. Der Nachrichtendienst heise online zitiert Zypries dazu, dass „die über die Stopp-Seite ausfindig gemachten Straftäter verfolgt und anklagt werden“ müssten. „Eine Strafbarkeit liege schon in dem Moment vor, wenn nicht nachgewiesen werden könne, dass es sich um ein Versehen oder eine automatische Weiterleitung gehandelt habe.“
Kritiker: Problematische Konstellation – geheime Liste und „bei Klick Ermittlungen“
Kritiker des Gesetzesentwurfs sehen darin eine „Schere im Kopf“ der Internetnutzer, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung bedrohe. Jeder Klick im Web könne auf eine Seite führen, die auf der Sperrliste enthalten ist und zöge so prinzipiell Ermittlungen nach sich, die gerade bei Straftaten wie Kinderpornografie häufig auch Hausdurchsuchungen zur Folge hätten. Zudem würde Zypries' Aussage die Beweislast umkehren, da der Nutzer sein Versehen nachweisen müsse. Die Konsequenz wäre, dass man im Grunde gar keine Webseiten mehr aufrufen und keinen Links trauen dürfe.