Seid ihr auch alle artig gewesen?
Abstract
Jedes Jahr ist das die große Frage vor der Bescherung. Denn nur wer das Jahr brav und artig war, bekommt auch Geschenke. Wer jetzt noch auf Geschenke-Safari ist, sollte sich dringend an Recht und Ordnung halten, denn ab morgen weiß Knecht Ruprecht bei den Sicherheitsbehörden Bescheid: Der nächste Versuch eine Vorratsdatenspeicherung mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen tritt dann in Kraft.
Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten
Nachdem der Begriff Vorratsdatenspeicherung politisch und juristisch bereits einmal verbrannt worden ist, kommt nun also das Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten. (Da bekommt der Anmach- und Abschleppspruch „Gib' ma' deine Nummer.“ eine ganz andere Bedeutung.) Demnach werden zum Zweck der Aufklärung von Straftat[en] von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung
sowie Straftat[en] mittels Telekommunikation
so genannte „Verkehrsdaten“ erhoben. Was alles eine Straftat von erheblicher Bedeutung
ist, wird im Gesetz an Hand von Verweisen auf viele Paragraphen genauer definiert.
Da auch Landesverrat von erheblicher Bedeutung
ist, kann wohl davon ausgegangen werden, dass jeder Leser von Netzpolitik.org (Achtung, Link führt direkt dort hin!) dringend tatverdächtiger Landesverräter ist. — An dieser Stelle könnte jetzt jemand Großkoalitionäres die Bedenken zerstreuen … Kontakt bitte per Telekommunikation.
Geheimdienste zufrieden
Im Gesetz heißt es weiterhin, dass gespeicherte Verkehrsdaten nach Gebrauch unverzüglich zu entsorgen sein. Mit dieser Praxis dürften Geheimdienste schon einiger Maßen zufrieden sind, denn dort kennt man sich mit dem rechtzeitigen Löschen von Daten und Akten gut aus. Bayern legt noch einen drauf und will dem Verfassungsschutz direkt schöne neue Daten schenken – natürlich auf Vorrat, die verderben ja sonst schneller als Pralinen vom Vorjahr.
Weihnachtseinkäufe im Haushaltsrahmen
Kritiker könnten bemängeln, dass die Speicherung von Inhalten auf Vorrat im Gesetz explizit verboten ist und es daher immer noch altmodischen Abhörens bedarf, allerdings ist diese Entscheidung der Politik nur konsequent. Technik und Handel sehen sich gerade in der Vorweihnachtszeit oft nicht in Stande, kostengünstig große Speicherhardware zu vertreiben.
… Bei SMS und anderen Kurznachrichten würden die 160 Byte mehr allerdings den Kohl kaum noch fetter machen …
Neue Einnahmequelle: Datenspeicherer
Weiterhin findet sich in dem elfseitigen Gesetzestext eine lange Aufstellung, mit welchen Pauschalen Abfragen der mindestens gespeicherten Verkehrsdaten vergütet werden. Damit triggert die Bundespolitik endlich wichtige Impulse für die heimische „Industrie 4.0“: Als Telekommunikationsanbieter für „Gefährder“ und Kriminelle können die eigenen Kunden viel besser versilbert werden, zumal der Steuerzahler und nicht die unzuverlässige Werbebranche zahlt.
Knecht Ruprecht hat Polizei
Auf Grund des Trennungsgebots zwischen Polizei und Geheimdiensten (gilt das eigentlich auch in Bayern?) sind natürlich die Ermittlungsbehörden mit diesem neuen Datenschatz („Industrie 4.0“, „Datenreichtum“) gesegnet. Der weihnachtliche Ermittler in Sachen ganzjähriger Artigkeit und Bravseins kann also somit in Zukunft herausfinden, wann und mit wem wir etwas ausgeheckt haben – allerdings nicht was. Doch anstatt der Rute von Knecht Ruprecht gibt es dann in Zukunft den POL1Z1STENS0HN, denn er hat Polizei
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