U-Turn auf dem Bike in der Königsstraße
Abstract
Das absolute Radfahrverbot in der Königsstraße hat nur ein Jahr lang gehalten. Wie die Stadt Kassel heute mitteilt, ist dieser Teil der Fußgängerzone ab 1.1.2016 außerhalb der Geschäftszeiten wieder für Fahrradfahrer freigegeben. Die zwischenzeitliche Sperrung wirkt damit immer mysteriöser.
Seit Anfang 2015: Nichts geht mehr
Mit der merkwürdigen Begründung, dass es mehrfach zu „Konflikten“ und „Unfällen“ zwischen Radfahrern und Fußgängern gekommen sei, wurde Anfang 2015 die Königsstraße für Radfahrer komplett gesperrt. An dieser Entscheidung war der grüne Stadtbaurat maßgeblich beteiligt. Interessanterweise heißt es in der heutigen Pressemitteilung der Stadt, dass es zwischen 2011 und 2015 lediglich einen Unfall in der Zeit gegeben hätte, in welcher die Königsstraße für Radler freigegeben war. Das heißt, die als Begründung angeführten „Konflikte“ und „Unfälle“ sind mehrheitlich dann passiert, wenn gar keine Radler hätten durch die Königsstraße fahren dürfen.
Die Stadt Kassel war also bis dato nicht in der Lage das Radfahrverbot durchzusetzen und hatte anscheinend deshalb einfach alle Radfahrer ausgesperrt. Dabei war schon immer fraglich, welche Gefahr von einem Fahrrad in der nächtlichen Fußgängerzone ausgeht.
Ab Anfang 2016: Welcome back
In der Pressemitteilung vermeldet die Stadt heute, dass ab 1.1.2016 das Radfahren in der Königsstraße in Nebenzeiten bald wieder gestattet
ist. Nebenzeit ist dabei zwischen 20 und 9 Uhr.
Zu dieser Entscheidung kam eine große Arbeitsgruppe von Radfahrerverbänden und städtischen Behörden unter Auswertung der Unfallstatistiken und Vergleichen mit anderern Städten.
Hätte man nicht nach dem ersten Blick in die Unfallstatistik das Verbot sein lassen und stattdessen ein Jahr auf Steuerzahlerkosten Skat oder Doppelkopf spielen können?
Cui bono?
Wer die Wahl hat …
Angesichts der anstehenden Kommunalwahl hat damit auch der grüne Stadtbaurat die Kurve für seine Partei gekriegt. Denn das absolute Radfahrverbot in der Königsstraße dürfte etlichen Grünen-Wählern äußerst sauer aufgestoßen sein. Dass jetzt Radfahren wieder erlaubt ist, ist zwar ein positiver Aspekt, aber höchstens als Wiedergutmachung zu verstehen.
„Kassel on Rad“
Das Fahrradverleihsystem Konrad ist mit mehreren Stationen direkt an der Fußgängerzone vertreten: Am Rathaus, Opernplatz sowie zwei mal auf dem Königsplatz. Diese Stationen hatten zuletzt deutlich an Attraktivität verloren, weil die offiziellen Radwege nur über Umwege und Steigungen zu erreichen waren. Der direkte Weg durch die Königsstraße war zu jeder Tages- und vor allem Nachtzeit verboten. Mit der eingeschränkten Erlaubnis der Durchfahrt ist das Fahrrad endlich wieder ein vollwertiges alternatives Verkehrsmittel in der Innenstadt.
Damit überhaupt noch was geht
Sollte das Bürgerbegehren gegen die Tram in der Königsstraße Erfolg haben, bestünde ohne Radfahrer die Gefahr, dass die Innenstadt außerhalb der Geschäftszeiten komplett leersteht. Mit ein paar Radlern gäbe es dann wenigstens überhaupt etwas Bewegung früh morgens und spät abends in einer ansonsten „Geisterstraße“.